Charts vom 19. Dezember 2008

Eine dritte Woche steht Katy Perry mit „Hot N Cold“ an der Spitze der deutschen Charts. Und damit stellte die Amerikanerin im Jahr 2008 insgesamt 8 Wochen lang die meistverkaufte Single in Deutschland. „I Kissed A Girl“, der Vorgänger, der im September für 5 Wochen ganz oben stand und in der Jahresauswertung von media control den Platz 5 belegt, läuft ebenfalls noch ganz gut: Platz 25. Mit 8 Wochen zieht Katy Perry gleichauf mit Schnuffel und Kid Rock, die in diesem Jahr ebenfalls 8 Wochen als Nr.1 notiert waren. Timbaland presents OneRepublic schafften das mit der bestverkauften Single 2008 „Apologize“ vor genau einem Jahr zwar auch, aber ihr Höhenflug begann schon am 23. November 2007 und so gehen für 2008 lediglich 3 Wochen in die Wertung ein.
Tja, und nun bleibt noch eine Woche in diesem Jahr übrig. Wären dies hier die britischen Charts, dann könnten wir davon ausgehen, dass der Spitzentitel zu Weihnachten ein neuer ist, denn dort plant die Industrie seit Jahren ungemein mit den Verkäufen in dieser einen Woche. Seit Jahren ist die Nr.1 auch reserviert für den jeweiligen Sieger der X-Factor-Talenteshow, das Äquivalent zu Deutschland sucht den Superstar. In diesem Jahr wird diese Ehre mit 99%iger Sicherheit Alexandra Burke und ihrer Version von „Hallelujah“ gehören. Wir hier sind aber in Deutschland und hier geht alles etwas gemächlicher zu. Bis auf wenige Ausnahmen gab es zu Weihnachten eher eine Stabilisierung von bereits etablierten Hits. Zwar steht auf der Liste der Neuerscheinungen in dieser Woche unter anderem auch Leona Lewis mit „Run“, welches gerade die britischen Charts anführt, aber ob das hier genauso ein Erfolg wird? Es bleibt spannend zu Weihnachten.

Auf dem Plan haben muss man auf jeden Fall auch den höchsten Neuzugang dieser Woche auf Platz 3. Dort verdrängt sich nämlich P!nk selbst. Letzte Woche war sie noch mit ihrer Ex-Nr.1 „So What“ notiert, in dieser Woche steht auf dem Bronzeplatz neu die Nachfolgesingle „Sober“. Auch diese ist wieder enorm kraftvoll, fast schon ein Rocksong, braucht aber doch ein paar Durchgänge bis sie im Ohr ist. Anders als bei „So What“ geht es in „Sober“ etwas mehrdeutiger zu. P!nk beschreibt sehr schön die Verunsicherung zwischen dem Hochgefühl und der Ernüchterung, und natürlich dem, was beides manchmal verbindet. Mit allen Ängsten und Sicherheiten.
Erstaunlich ist der Blick auf die Credits. Da taucht als Produzent und Co-Autor kein Geringerer als Nate „Danja“ Hills auf, der fleißig im Schatten von Timbaland groß geworden ist und sehr großen Anteil am Comeback von Britney Spears hatte (auch auf ihrem aktuellen Album „Circus“ vertreten). Mit „Sober“ versucht er sich erstmals erfolgreich im eher poprock-orientierten Genre. Das letzte Mal befand er sich als Beteiligter bei Madonna & Justins „4 Minutes“ noch im klassischen Popkontext ganz oben in den Hitlisten.
P!nk gelingt mit dem Sprung von „Sober“ auf die 3 der Hattrick, drei Titel hintereinander unter den ersten 3 platzieren zu können. Vor „So What“ war sie im Jahr 2007 mit „Dear Mr. President“ ebenfalls bis zur 3 vorgestoßen. Insgesamt ist es P!nks sechster Titel, der es auf einen Medaillenplatz schafft.

Weitere Bewegung gibt es unter den ersten 5 mit Amy Macdonalds Rückkehr. Von 8 auf die 4 geht "This Is The Life" in der 20.(!) Top 10-Woche. Sicher dürfte für die neuerliche Nachfrage ihre Präsenz in allen möglichen Jahresend-Chart-Shows sein, so wie am 5. Dezember auf RTL, wo sie einen überzeugenden Live-Auftritt hatte. "This Is The Life" wird in der media control-Jahresauswertung im übrigen auf der Position 5 gelistet.
Auf die 5 in der Wochenauswertung geht mit einer leichten Verbesserung um einen Platz Schäfer Heinrich samt seiner Single „Das Schäferlied“. Es ist anzunehmen, dass diese nach dem Ende der aktuellen „Bauer sucht Frau“-Staffel und dem Abebben des Medienrummels die Festtage kaum überleben wird und Schäfer Heinrich rasch die Charts wieder verlässt.

Auf Platz 8 startet mit „Wie weit ist vorbei“ von Rosenstolz ein weiterer Nr.1-Nachfolger seine Chartkarriere. Sehr gefühlvoll, sehr balladig. Die Single ist in drei Varianten erhältlich: als 2-Track-Basis-CD, als Premium Edition mit gleichem Tracklisting aber inklusive Magnet und als Digipack-Variante mit verschiedenen Mixen und weiterem Songmaterial. Es ist die insgesamt neunte Single, mit der sich Rosenstolz unter den ersten 10 platzieren kann und bereits der 12. Top 20-Hit in Folge. „Gib mir Sonne“ platziert sich derweil auf 31.

Mit dem Neuzugang auf der 17 schlagen wir nochmal den Bogen zu Platz 1. Da hatte ich schon erwähnt: in Großbritannien ist die Weihnachts-Nr.1 der Charts fast reserviert für den/die GewinnerIn der jeweiligen X-Factor-Staffel. In Deutschland endet zum Jahresende jeweils das Pro7-Format Popstars. Mittlerweile ist ja nun auch die endgültige Besetzung bekannt, und sogar das Album ist bereits draußen: in drei verschiedenen Varianten mit direkter Einbeziehung in die Casting-Entscheidung. So schnell kann media control also auch sein. Für das Normalvolk geht alles etwas langsamer und wir dürfen in den aktuellen Single-Charts (die erst am 19. Dez. 12:00 Uhr veröffentlicht werden durften) die damals noch 8 Finalistinnen mit ihrem Red-Nose-Charity-Stück "I Believe In X-Mas" begrüßen. Punktgenau am Abend vor der Veröffentlichung, nämlich am 4.12. traten die 8 Damen bei Stefan Raab auf. Bezeichnend, dass die Single mal gleich nur Popstars benannt wurde, um die einzelnen Kandidatinnen geht es nicht so sehr. Und auch der Titel ist eher Durchschnittsware für den schnellen Verkauf. Es handelt sich dabei um ein Remake eines Titels der Tweenies, welcher immerhin in Großbritannien 2002 in den Top 10 platziert war. Mit "I Believe In X-Mas" sind wir auch schon mitten drin in der Weihnachtstitelparade ... aber keine Angst. Ich bleibe an dieser Stelle lieber noch ein bisschen bei Popstars. Denn Vocal-Coach Kate Hall nutzte ihre Telepräsenz gleich für ihre neue Single mit. Nach ihrer Trennung von Ben macht sie wieder solo weiter und schafft mit "Die letzte Träne" den Einstieg auf Position 41, ihre beste Solo-Performance überhaupt. Und auch zusammen mit Ben war sie lediglich einmal besser platziert, nämlich mit "Bedingungslos" im Spätsommer 2007.

Mit zwei Titeln sind Ich + Ich neu bzw. wieder notiert in den deutschen Charts. Erstaunlich dabei ist, dass der ältere Titel, nämlich "So soll es bleiben" es wesentlich höher schafft (Platz 38) als der neue "Wenn ich tot bin" (Platz 51). Wahrscheinlich auch das ein Effekt der oben bereits erwähnten Jahresend-Chartshows. Platz für die Präsentation von neuem Material ist da meist nicht. "Wenn ich tot bin" ist bereits die fünfte Auskopplung aus dem Erfolgsalbum "Vom selben Stern" und Ich + Ich sind 2008 der Act, der die meisten notierten Wochen vorweisen kann, dicht gefolgt von Amy Winehouse. "Vom selben Stern" geht übrigens auch wieder etwas hoch: in der 53. notierten Woche von 87 auf die 74.

Auf Platz 42 startet das aktuelle „Supertalent“ Michael Hirte mit dem weihnachtlichen „Ave Maria“ von J.S. Bach, dem Titel mit dem er das Publikum im Finale am 30. November überzeugte. Das Album „Der Mann mit der Mundharmonika“ stürmte in dieser Woche sofort an die Spitze der deutschen Album-Charts. Profitieren von der Besinnlichkeits-Welle kann auch der Talente-Vorreiter aus Großbritannien Paul Potts, der in eben jener Liste nochmal auf die 5 klettert. Und noch etwas hat Michael Hirte mit Paul Potts gemein. „Ave Maria“ ist nach „Nessun Dorma“ der zweite reine Klassik-Titel, der sich 2008 in den Single-Charts platzieren kann. Und wie Paul Potts so startet auch Michael Hirte durch rein digitale Online-Downloads in der Liste. Paul Potts ging vor ziemlich genau 5 Monaten direkt auf Platz 12. Michael Hirte wird wohl (zumindest in der Single-Auswertung) etwas weniger präsent bleiben, „Ave Maria“ nach der Weihnachtszeit in größeren Mengen zu verkaufen dürfte schwierig sein.
Vielleicht am Rande noch folgende Information: 1973 schaffte es „Der Junge mit der Mundharmonika“ als Single bereits für vier Wochen an die Spitze der deutschen Charts. Der Interpret damals war Bernd Clüver, der mit diesem Titel seine circa zweijährige Karriere als deutscher Superstar (immerhin zwei Nr.1-Hits) startete. Schauen wir, was der reale Mann mit der Mundharmonika, Michael Hirte, in zwei Jahren macht.

An dieser Stelle lässt sich dann doch ein kurzer Blick auf die wichtigsten weihnachtlichen Aufsteiger werfen. Und das sind mit ihrer Ankunft in der oberen Charthälfte Band Aid 20 mit "Do They Know It's Christmas?" (von 52 auf 40) und Mariah Carey mit "All I Want For Christmas Is You" (von 57 auf 44). Und auch Chris Rea rutscht in dieser Woche mit "Driving Home For Christmas" noch ein Stück hoch: von der 56 auf die Position 50. „Happy Xmas (War Is Over)“ von John & Yoko with The Plastic Ono Band and The Harlem Community Choir schafft sogar einen kleinen Rekord. Zum ersten Mal überhaupt ist dieser Titel zwei Wochen hintereinander notiert. In dieser Woche steigt er von der 98 auf die 75 und schafft damit das zweitbeste Ergebnis seit seiner Veröffentlichung im Jahr 1973. Damals stand er am 2. Februar in Deutschland für eine Woche auf Position 45.

Der letzte Neuzugang in die oberen 50 kommt in Form von Duffys drittem Charthit "Rain On Your Parade" auf die 48. Und für mich ist das DER Neuzugang der Woche. Ich bin wahrhaftig immer noch nicht von dem 60s-Soul-Revival-Pop überzeugt, auch wenn ich einzelne Stücke für sehr sehr gelungen halte. Zu "Rain On Your Parade" kann ich nur sagen: magisch. Arrangement und Video holen die Sängerin direkt ins Heute, schlagen dabei einen Bogen über James Bond und Madonnas "Vogue"-Ära Großartig! Der Titel ist nur auf der Deluxe-Variante des "Rockferry"-Albums zu haben. Oder eben als Single. Nach zwei Top 20-Hits in diesem Jahr ist Platz 48 nicht der Renner, schade.

Manuel Reuter und Yann Peifer hatten 2008 ein ganz gutes Jahr. Immerhin ein Top 10-Hit mit ihrem Zugpferd Cascada Anfang des Jahres („What Hurts The Most“) und ein alles in allem ansehnliches Chartdebüt mit dem neuen Projekt R.I.O. im Sommer. „Shine On“ schaffte es in Deutschland bis auf die 25, in der Schweiz ging es sogar in die Top 20. Ganze 18 Wochen bis Ende Oktober war „Shine On“ notiert. Und nun gibt es den Nachfolger „When The Sun Comes Down“ – wieder ein tropisch orientiertes Dance-Stückchen, welches in dieser Woche auf der 63 einsteigt, nur wenige Positionen unter dem Start des Vorgängers. Es könnte also einiges an Potenzial vorhanden sein, die nächsten Wochen nach oben zu wandern. Zumal Dance-Produktionen ohnehin vor allem im Download-Bereich punkten, in dem nochmal andere Gesetze gelten. In den Official Dance Charts steht „When The Sun Comes Down“ jedenfalls gut auf Position 2 hinter dem Dauerbrenner 2008 „Infinity 2008“ vom Guru Josh Project (in den Verkaufscharts auf der 14).

Auf der 67 versucht Gabriella Cilmi mit „Sanctuary“ einen Nachfolger zu ihrem Überhit „Sweet About Me“ (in der 22. Woche von 32 auf 32) ins Rennen zu schicken. Natürlich hat sie dabei ein wenig das Problem wie alle KünstlerInnen, die mit einem enorm populären Titel Berühmtheit erlangten: irgendwie werden sie nur mit dem einen Hit identifiziert und alles andere Material hat keine rechte Chance. Es sieht so aus, als ob „Sanctuary“ tatsächlich im Schatten des Vorgängers verebbt.

Auch MIA. legen mit „Mausen“ noch schnell in diesem Jahr einen Nachfolger zu ihrem Hit „mein Freund“ nach. Der Einstieg auf Position 70 als zweite Auskopplung aus dem „Willkommen im Club“-Album entspricht etwa den Ergebnissen der Vorgänger-Alben. Die Premium-Variante der Single-CD hält laut Fee + Oz ganz schöne Remixe u.a. von Altmeister Ian Pooley parat.

Fernseh-Jahresendauswertungen, Ende der 3monatigen Sperre beim Rutschen unter die Position 50 oder einfach nur noch ein Weihnachtshit ... es gibt einige Gründe für das kurze Wiederauftauchen von folgenden Titeln am Ende der Charts:
Stefanie Heinzmann chartet in der 26. Woche mit ihrem Durchbruch „My Man Is A Mean Man“ auf der 81. Auf der 86 stehen Madcon genau nach der 3-Monatsfrist mit „Beggin“ wieder in der Liste, ebenfalls in der 26. Woche. „The Best Side Of Life“ von Sarah Connor geht die dritte Saison in Folge als Weihnachtsklassiker durch und schafft den Wiedereinstieg auf der 96. Die bestverkaufte Solo-Künstlerin 2008, Amy Winehouse, steht mit „Back To Black“ wieder auf der 97. Und auch OneRepublic tauchen noch einmal mit „Stop And Stare“ auf, und zwar auf der Position 100.

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