25. September 2009: GaGa Nr.4

Erfolgreichster Singlestart am 11. September und damit höchste Neueinsteigerin in dieser Woche wird Lady GaGa mit Paparazzi. Ihre Single landet auf Platz 3 und so hat sie einen vierten Top 10 in Folge. Damit nicht genug, diese vier Titel waren alle in diesem Jahr unter den ersten 10 notiert. Just Dance startete zwar bereits vor etwas mehr als einem Jahr, im ersten Anlauf ging es dann aber lediglich bis Platz 15. Erst als die Kollaboration mit Colby O’Donnis in Großbritannien bis zur 1 emporstieg, ging es auch in Deutschland noch mal rein in die Liste und hoch bis Platz 10. Das war dann im März der Fall, als Poker Face bei uns schon seinen Siegeszug angetreten hatte. Tja und im Juli folgte dann Lovegame, was allerdings mit Platz 7 ein bisschen unter dem blieb, was einige erwartet haben. Beide Titel sind immer noch gut vertreten, befinden sich aber mittlerweile doch recht deutlich auf dem Rückzug. Poker Face rutscht von der 25 auf die 31 (mittlerweile in der 30. Woche notiert) und Lovegame fällt von der 39 auf die 48. Jetzt aber ist neu Paparazzi da und führt Lady Gaga zurück in die Spitzengruppe. Im Gegensatz zu den Vorgängern ist Paparazzi doch eher sparsam instrumentiert, was ganz schön ist. Die ewigen Bombastproduktionen nerven dann irgendwann doch. Aber natürlich bleibt Lady Gaga sich selbst treu. Elektro-affine Klänge plus ihrem Gesangspart, der mich in manchen Momenten tatsächlich an Gwen Stefani erinnert.

Mit der vierten Top 10-Auskopplung aus ihrem Album The Fame etabliert sich Lady GaGa jetzt mehr oder weniger endgültig als Superstar of the Moment. Sie ist nicht nur der einzige Act bisher in diesem Jahr, welche vier Hits so weit oben platzieren kann, insgesamt hat sie mit ihren Titeln 2009 bereits 29 Wochen in den oberen 10 gesammelt und ist damit fast uneinholbar die erfolgreichste Interpretin. Rein rechnerisch wäre es zwar noch möglich, dass die hinter ihr folgendenBlack Eyed Peas oder auch Cassandra Steen (jeweils 18 Top 10-Wochen in 2009) noch aufholen können, aber dazu müssten diese sofort mit einem Top 10-Hit aufwarten, der bis zum Jahresende in den oberen 10 verbleibt. Und für Paparazzi müsste es außerdem ab sofort vorbei sein. Lady GaGa kann also jetzt schon als die kommerziell erfolgreichste Künstlerin des Jahres 2009 gefeiert werden. Bester männlicher Solo-Act im Sinne von Top 10-Platzierungen wird übrigens David Guetta mit derzeit 17 Wochen.

Anfügen will ich hier, dass Lady Gaga gerade bei den MTV Video Music Awards mit drei Titeln abgeräumt hat. Sie wurde „Best New Artist“ mit Poker Face und erhielt den Titel „Best Special-Effect“ sowie „Best Art-Direction“ für eben Paparazzi. Lohnt sich also durchaus mal, das Video anzusehen … allerdings kann ich das nicht wirklich einschätzen, ob und was da so umwerfend ist.

Lady Gaga auf der 3, das heißt … Marit Larsen steht eine fünfte Woche an der Spitze der deutschen Charts. If A Song Could Get Me You ist nun also genauso erfolgreich wie ihre Landeskolleg_Innen von Aqua (6 Wochen in 1997) und a-ha (5 Wochen 1985). Das bedeutet auch, wenn einmal ein Hit aus Norwegen sich etabliert, dann ist es wirklich einer, der mindestens einen kompletten Monat on Top ist. Aber irgendwie ist es auch bedauerlich, dass laut Statistik der nächste norwegische Nr.1-Hit erst 2021 ansteht …

Auf die Vizeposition kehren David Guetta feat. Akon zurück. Sexy Bitch kann sich also in dieser Woche gegen Shakiras She Wolf durchsetzen, das von der 2 auf die 4 taumelt. Ist Sexy Bitch nun tatsächlich so was wie ein dauerhafterer Hit? Ungewöhnlich wäre es, da David Guetta als DJ und Produzent im Club- bzw. Dancebereicheher eine eingegrenztere Zielgruppe ansprechen dürfte. Und Sexy Bitch ist nicht unbedingt das, was man radiokompatibel nennt. Da war Vorgänger When Love Takes Over wesentlich geschmeidiger... Schöner Erfolg also für David Guetta und Akon.

Der erfolgreichste Newcomer der Woche ist der Brite Charlie Winston . Und er hat eine recht ungewöhnliche Geschichte, wie er zu Ruhm gelangte. Nach ein paar Jahren als Musiker in allen möglichen Gebieten, unter anderem auch für Theater und Film, kam Charlie Winston zum französischen Label Atmosphériques, bei dem er sein Album Hobo produzierte. Dieses verkaufte sich mehr oder weniger erfolgreich. Richtig bekannt wurde er allerdings erst, als sein Titel Like A hobo im Vorspann der französischen Talk-Show „Le Grand Journal” lief. Daraufhin entwickelte sich eine derartige Nachfrage, dass der Titel in Frankreich bis auf die 1 stieg, in der Schweiz und in Belgien ging es ähnlich zu. Solche Geschichten kennen wir auch hierzulande. Denken wir zum Beispiel an Emilìana Torrini. Häufig bleiben diese Phänomene aber auf die Verbreitungsgebiete der auslösenden Medien beschränkt. Nicht so bei Charlie Winston. Dieser wird nach dem erfolg im französischsprachigen Raum, nun auch in Deutschland vermarktet. Und Like A Hobo, ein schönes Country-Lied mit leicht melancholischem Unterton, schafft es in der Woche nach Veröffentlichung auf Platz12. Bleibt jetzt eigentlich nur noch der Sprung zurück in sein Heimatland. – Das Album Hobo folgt übrigens genau jetzt in Deutschland.

Wenn ein Act einen Sommerhit gelandet hat, dann ist es immer recht spannend zu sehen, ob da denn noch mehr kommt. Die meisten verbrennen schnell, weil ihnen kein eingängiges Thema mehr einfällt, oder sie krebsen noch eine Weile mit derselben Formel herum und verschwinden nach spätestens zwei Jahren endgültig von der Bildfläche. Einer der Sommerhits 2009 war zweifellos I Know You Want Me (Calle Ocho) von dem kubano-amerikanischen Rapper Pitbull. In Chartplatzierungen ausgedrückt stand er auf Platz 8 der deutschen Liste, bisher 14 Wochen lang platziert. Das ist gar nicht so viel, in anderen Ländern Europas steht da wesentlich mehr in der Statistik. Egal. - Mit dem 11. September legt er Hit Nummer 2 aus seinem aktuellen Album Rebelution nach: Hotel Room Service. Natürlich ist dieser Titel wieder mehr als explizit und, ja, dieser Lateinamerikaner mag es wie viele aus dem Genre enorm sexualisiert. Das Ganze tut er sowohl verbal als auch in einem Soundmix, der genau auf diese Ebene funktioniert. Arschkick-Anmach-Mukke – das wäre vielleicht die Schublade, in die das Teil gehört. Clever gesamplet ist die Hookline aus dem Klassiker der Nightcrawlers Push The Feeling On, die dem Ganzen dann wirklich richtigen Wiedererkennungswert verleiht. Und wenn der Original Radio Mix eventuell doch etwas fad ist, das was an kunterbunten Elektro-Acid-Remixen im Netz existiert ist einfach der helle Wahnsinn. Sorry, ich find den Track schlichtweg geil und genauso einschlagend wie Calle 8. Platz 22 in Deutschland in dieser Woche. Ihr dürft mich dafür auch blöd finden.

Als erfolgreichsten deutschen Singlestart gibt es einen Klassiker. Einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Sänger ist nämlich zurück: Udo Jürgens gehört(e) seit Beginn der 60er Jahre zu denproduktivsten und angesehensten Künstlern in seinem Genre. Bis 1991 war der Österreicher nahezu ununterbrochen präsent. Den Höhepunkt seiner Karriere feierte er in den 70er Jahren. 1975 belegte er zum Beispiel für insgesamt acht Wochen mit Griechischer Wein den Spitzenplatz der deutschen Singlehitparade. Aber natürlich ist es zu kurz gegriffen, ihn auf diesen einen Titel zu reduzieren. Um alle seine internationalen Erfolge aufzuzählen, wäre ein langer langer Absatz nötig. Einen Einblick gibt es zum Beispiel bie wikipedia.

Wie bei den wirklichen Stars häufiger der Fall, so hat auch Udo Jürgens zahlreiche Hits, die niemals in der Single-Auswertung notiert ware, aber dennoch zum Allgemeingut gezählt werden können. Eines davon ist beispielsweise Ich war noch niemals in New York, welches 1982 auf dem Album Silberstreifen erschien. Das Album selber war mäßig erfolgreich, Ich war noch niemals in New York avancierte dagegen zum Radiohit, auch befördert durch das Erscheinen als B-Seite zur Single Das wünsch ich dir (die sich aber auch niemals in den Charts platzieren konnte). 2007 dann wurde der Titel erstmals offiziell „gewürdigt“, als er den Titel zum Udo-Jürgens-Musical abgab. Und in diesem Jahr waren es die Sportfreunde Stiller, die den Klassiker für ihr sehr erfolgreiches MTV Unplugged in New York-Album coverten. Für diese Version konnten sie sogar den Meister himself überzeugen und so erschien nun als zweite offizielle Auskopplung aus dem Unplugged-Album Ich war noch niemals in New York in der Version Sportfreunde Stiller mit Udo Jürgens. Als ich das erste Mal diese Kombination bemerkte, habe ich ein wenig die Nase gerümpft. Dann aber, nachdem ich den Titel gehört hatte, änderte sich meine Meinung sofort. Es ist erstaunlich, was der Titel, der ja irgendwie doch in der Schublade „Schlager“ steckt, für eine Ausstrahlungskraft hat. Und in der neuen Version ist die Angestaubtheit und Biederkeit völlig verschwunden. Plötzlich ist da eben doch wieder die Sehnsucht nach Leben spürbar, dieser Wille und die Kraft, sein Leben eben selbst gestalten zu können. Natürlich immer auch mit Verlusten und Ängsten. Ich kann plötzlich erstmals die Sportfreunde Stiller als ernstzunehmende Band wahrnehmen und Udo Jürgens steht plötzlich ebenfalls wieder als wichtiger Künstler da, ohne Staub und Massenverdummungsmitgrölpathos. Ein paar CD-Käufer sind da vielleicht meiner Meinung, die CD steigt in dieser Woche ein auf Platz 27. Für Udo Jürgens ein Chart-Comeback nach 17 Jahre Pause.

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