Die Sommerpause ist endgültig vorbei. Es gibt einen Haufen an Neuveröffentlichungen und diese sind begehrt. In dieser Woche gibt es ganze 19 Neueinsteiger in den media control-Charts. Das ist schon mal nicht schlecht, bedeutet es doch, dass etwa ein Fünftel der Liste komplett ausgewechselt wurde. Viel zu tun also … los geht’s: Über Shakira, Madonna und Justin Bieber habe ich mich bereits ausgelassen. Was war noch am 4. Spetember neu in den CD-Regalen, und was kam wie an?
Zunächst gab es mindestens zwei richtig interessante Comebacks. Einer der erfolgreichsten HipHop-Musiker war nämlich wieder mal aktiv. In den USA gehört er zu den Top-Stars und kann aktuell auf sechs hintereinanderfolgende Nr.1-Alben verweisen. In Europa und besonders in Deutschland ist Jay-Z dagegen zwar bekannt, aber kommerziell eher bescheiden erfolgreich. Produzentenmusiker wie Timbaland haben ihm da bereits deutlich den Rang abgelaufen. Jay-Z’s richtig gute Zeiten waren in Deutschland um die Jahrtausendwende, als er mit Hard Knock Life (Ghetto Anthem) und ’03 Bonnie & Clyde (zusammen mit Jetzt-Ehefrau Beyoncé) zwei ordentliche Top 10-Hits einfahren konnte. Danach waren seine eigenen Produktionen eher in der unteren Hälfte der Charts zu finden. Anders seine Gastauftritte bei Kollegen und Kolleginnen. Da stand er weitere sechsmal unter den ersten 10. Und zuletzt an der Seite von Rihanna sogar auf der 1 mit Umbrella. Das war im Juni 2007 und dauerte fünf Wochen. Danach platzierte sich der Titel immer wieder, so dass Jay-Z auch 2008 irgendwie noch präsent war, allerdings nicht mit neuem Material. Das letzte Mal stand Umbrella Ende März in der Liste. Und dann hätte eigentlich die Vorabsingle zu seinem wirklich neuen Album erscheinen sollen. Aber D.O.A. [Death Of Auto-Tune] wurde nur in den USA veröffentlicht, nicht aber in Europa. Es dauerte bis zum 4. September bis mit Run This Town ein Titel aus dem Album The Blueprint 3 offiziell zu haben war. In Großbritannien ging die Taktik auf, Run This Town schoß auf die 1, in Deutschland ist es dagegen eher gemächlich: Platz 18. Allerdings, für eine Produktion mit Jay-Z als Lead-Artist ist das gar nicht so schlecht. Insgesamt ist es der elfte Titel in den Charts, bei dem Jay-Z’s in irgendeiner Weise als Beteiligter genannt wurde.
Und wenn wir schon bei den Credits sind: die CD erscheint ohne jegliche Angabe des Künstlers. Auf der Rückseite sind dann neben Jay-Z auch noch Rihanna und Kanye West genannt. Gewagte Taktik. Rihanna hat mit ihrem Auftritt nun eine 15. Single in den Charts stehen, in diesem Jahr ist es bereits der siebte Titel, der sich platzieren kann. Letztes eigenes musikalisches Lebenszeichen war Ende Januar die Single Rehab, die es bis zum Platz 4 schaffte. Platz 18 für Run This Town ist für Rihanna nicht besonders toll, seit Ende 2006 war sie durchgehend höher platziert, schlechtestes Ergebnis Platz12. – Und Kanye West ist plötzlich überpräsent. Erst letzte Woche stiegen zwei Titel ein, an denen er beteiligt ist, hier also der dritte innerhalb von 7 Tagen. Insgesamt hat er 2009 sechs verschiedene Titel in den deutschen Charts stehen gehabt. Run This Town ist sein bestes Ergebnis seit letzten November als Love Lockdown bis Platz 8 kam.
So viel Statistik und gar kein Wort zum Titel selber. Jay-Z liebt offensichtlich Gitarren. Seitdem er 2004 mit Linkin Park kolaborierte ist das kein großes Geheimnis. Dass diese Vorliebe sich über Jahre hält, ist aber schon beachtlich. Andere HipHop-Größen dealen momentan ja lieber mit elektronischen Elementen und Dance-Stuff. Jay-Z ist in dieser Sache Purist. HipHop in seiner klassischen Ausprägung, reduziert auf wenig Instrumentierung und ein paar Samples, dazu ein prägnanter Rap- bzw. Gesangs-Part. Kann man nicht unbedingt was dagegen sagen. Ist nach mehrmaligem Hören sogar richtig im Ohr drin. Ob es allerdings den State of the Art des Moments beschreibt, das würd ich hier nicht behaupten.
Ebenfalls wieder da – und das ist unser zweitergroßer Comeback-Star – ist Mika. 2007 gehörte er zu den erfolgreichsten Newcomern mit seinem Album Life In Cartoon Motion und Relax, Take It Easy. Beide Titel konnten sich in Deutschland bis auf Platz 4 vorarbeiten. Drei weitere Singles wurden ausgekoppelt und platzierten sich im oberen Drittel der Charts, so dass Mika bis in den Mai 2008 in Radios und Hitparaden präsent war. Und nun ist er auf dem Weg das schwierige zweite Album zu präsentieren. Im Verkauf ist es genau ab jetzt, zwei Wochen zuvor wurde We Are Golden als Appetizer veröffentlicht. Tja, und was soll ich sagen? Beim ersten Hören vermisse ich etwas, dass mich gefangen nimmt. Klar, es klingt nach Mika, vielseitig, witzig, poppig … Aber wie ist es mit dem Wiedererkennungswert? Dann bekam ich die Mixe von Calvin Harris und Mirwais zu hören und … ja doch, das ist schon ganz schön. Natürlich bleibt es dabei: Mika hat sich nicht neu erfunden. Es geht so weiter wie bisher. In Großbritannien gefällt das sehr gut. Platz 4 zum Start der Single. Deutschland tut sich etwas schwerer, Pop ist nicht so ganz unsere Sache. Platz 29 wird gemeldet, und das ist für eine brandneue Single von Mika arg wenig. Selbst die dritte und vierte Auskopplung aus dem Vorgängeralbum waren gefragter. Und das, obwohl We Are Golden als Trailermusik zur Show Yes We Can Dance ganz gute Medienpräsenz hat. Da können wir jetzt nur drauf hoffen, dass es zum Start des Albums dann doch noch ein paar mehr Interessenten für die Single gibt.
Auch aus Deutschland gibt es CD-Singles in dieser Woche, die auf neue Alben aufmerksam machen sollen. Helene Fischer zum Beispiel wird am 9. Oktober ihr viertes Album So wie ich bin veröffentlichen. Was keiner so richtig weiß, die Vorgänger waren bereits ziemlich erfolgreich. Schlagerfans sind vor allem Albumkäufer. Trotzdem gibt es auch in diesem Genre Leithits, die anfüttern sollen und auch ein bisschen für das komplette Album stehen. Im Fall von Helene Fischer heisst der Hit Ich will immer wieder … dieses Fieber spür’n. Ich bin ja nun absolut kein Schlagerfan, aber als ich diesen Titel hörte, da hab ich doch erstmal aufgehorcht. Irgendwas an dem Ding ist wirklich clever produziert. Ich hab das Gefühl, das kenn ich nicht nur, das kann ich sogar ganz sofort mitsingen. Und dann diese Stimme, die zwischen Leiden und Melancholie hin- und herschaukelt. Also klar, dass das bei mdr und Schlagerparade sofort einschlägt. amazon listet den Titel bereits auf Platz 9 der Liste für Deutsche Schlager. Und bei media control steht Helene Fischer auf der 30. Das ist das Beste was sie je erreicht hat. Aber ich warne schon mal: bloß nicht zu oft hören, sonst gibt es – schwups – einen TimeWarp direkt in die biederen 80er zurück.
Noch weiter zurück, nämlich ab in die 60er, geht es mit Pixie Lott. Das ist natürlich ein bisschen gemein formuliert, aber die Sängerin ist die jüngste Vertreterin einer Reihe von Künstlerinnen, die sich in den letzten zwei Jahren dem (White) Soul verschrieben haben, mit deutlichen Bezügen auf den Sound der 60er. Wir erinnern uns an letztes Jahr: Nach dem Erfolg von Amy Winehouse gab es eine kleine Schwemme von Künstlerinnen, die genauso klingen wollten wie sie. Erfolgreichste Vertreterinnen waren Duffy und Adele. Nun also nach einem Jahr nochmal ein neuer Name. Frappierend finde ich auch die optische Ähnlichkeit zu Duffy. Mit Mama Do startet die Sängerin ihre Karriere. In Großbritannien schoß sie im Juni mit dieser Single zur Überraschung vieler direkt auf Platz 1. Und just in dieser Woche geschah das gleiche mit der Nachfolgesingle Boys And Girls. In Großbritannien ist dieses Gefühl aus den 60ern also nach wie vor relevant: Sehnsucht nach biederer Sicherheit, melancholischem Leiden und der Möglichkeit gegen irgendwas rebellieren zu können. In Deutschland erschien Mama Do am 4. September und wird zumindest in den meisten Medien doch recht positiv aufgenommen. Im Verkauf, also auf der Straße, spielt der Titel dagegen nicht die überragende Rolle. Könnte sein, dass die 60er hier noch nie richtig weg waren und Pixie Lott deshalb zu beschaulich klingt. Könnte aber auch sein, dass der Kontinent einfach wieder etwas länger braucht. Bei Amy Winehouse mussten ja auch erst hochdotierte Auszeichnungen her, bis die Masse sich für sie interessierte. Wie auch immer: Pixie Lott startet auf Platz 37 mit ihrer Single, das Album Turn It Up steht für den 16. Oktober an.
Wir hatten HipHop, wir hatten bunten Pop und Soul, wir hatten auch schon Schlager. Und nun haben wir auch richtigen, echten Rock. Die US-amerikanische Band Paramore hat ein neues Album am Start. Brand New Eyes wird ab 25. September erhältlich sein. Und auch hier gibt es einen Appetithappen vorneweg: ignorance. Der Titel geht ordentlich zur Sache, eigentlich so wie wir es gewohnt sind. Seitdem paramore für den Film Twilight ihren Titel Decode beisteuerten, haben sie auch in Deutschland eine Reihe von Anhängern. ignorance kann mit der ersten Woche nach Erscheinen auf CD sofort auf Platz 42 einsteigen und bringt der Band damit ihr bestes Ergebnis überhaupt. Da scheint sich eine Band aus dem Untergrundstatus emporzuarbeiten.
Eine Rockband, die bereits seit fast 20 Jahren besteht, den Grunge mit populär gemacht hat und noch genauso existiert, ist Pearl Jam. Besonders aktiv waren sie in den 90ern. Aus dieser Zeit stammen auch ihre kommerziell erfolgreichsten Titel. Alive, ihr Debüt im Jahr 1992, brachte es bis zu Platz 44. In Vorbereitung ihres Jubiläums erscheint jetzt nicht nur Stück für Stück der gesamte Back Katalog neu, es ist auch ein komplett neues Album in den Startlöchern. Allerdings mit etwas Vermarktungsschwierigkeiten, denn mitten in der anrollenden Promotion wurde der Vertrag mit ihrem Label J Records nicht verlängert. Jetzt versucht es Pearl Jam in den USA also ohne Label via iTunes, Independent-Läden, Fanclubs und Supermärkte. Mutig – und irgendwie auch konsequent. In Deutschland bleibt der Vertrieb mit Universal bei einem Major. Die Vorabsingle The Fixer gibt es allerdings gleich nur digital. Für Fans kein Problem – der Titel schafft es auf Platz 97. Ende einer knapp siebenjährigen Chartpause.
Nochmal Rock, aber komplett anders. Das sind Muse. Im Unterschied zu paramore oder Pearl Jam, dealen Muse sehr gerne auch mit elektronischen Elementen. Und das ist eine sehr heiße Mischung. Ihre aktuelle Single ist Uprising und sie erinnert enorm an ganz große Momente des Glitterrock, aber in einer Variante, die absolut ins 21. Jahrhundert passt. Wenn ich ehrlich sein soll, dann ist das MEINE Veröffentlichung der Woche: fulminant, kraftvoll, mitreißend, irgendwie auch mit einem Hauch schmachtender Melancholie … In Großbritannien schaffte es der Titel auch direkt in die Top 10, eine der besten Platzierungen für die Band. Hier in Deutschland ist es erst die dritte Single, die sich platzieren kann. Und das obwohl sie schon seit Ende der 90er Jahre fleißig Material veröffentlichen. Irgendwie agierten Muse immer im Schatten von The Verve, Radiohead oder diversen Britpop-Bands (obwohl diese ja komplett was anderes machen). Am 11. September erschien nun auch ihr fünftes Studioalbum Resistance und es stieg in den iTunes-Albumcharts sofort auf Platz 1, was für die kommende Ausgabe der media control-Liste einen fulminanten Einstieg erwarten lässt. Als Album-Act sind die Single-Platzierungen natürlich eher zweitrangig. Uprising steigt ein auf Platz 47. Es ist dies das erste Mal, dass die Band mit einer Single in die obere Hälfte der Charts vorstoßen kann und ich bin der Meinung. Uprising hat das Zeug zu wesentlich mehr. Leute, kauft diesen Track!
Noch mehr Comebacks gefällig? Nach vier Jahren Pause gelingt es zum Beispiel Max Herre, wieder mit neuem Material zu punkten. Der Musiker, der irgendwie gar nicht richtig einordenbar ist, hatte 2004/05 immerhin drei Charthits, von denen 1ste Liebe zusammen mit seiner Ex-Frau Joy Denalane am besten abschnitt (Platz 33). Seit dieser Zeit kümmerte sich Max Herre vor allem um die Produktion von Joy Denalanes Album und um das eigene Label nesola. Erst jetzt war dann wieder genug Zeit und Kreativität übrig für die eigene Musik. Die Doppelsingle Geschenkter Tag / Blick nach vorn ist das erste Ergebnis. Irgendwas zwischen 70er Country-Pop und Liedermacher. Ich hab damit ehrlich gesagt ziemlich Schwierigkeiten … aber was soll’s … anderen gefällt’s. Platz 76 für die Single in der ersten Woche. Das Album, welches genau jetzt ebenfalls erschienen ist, heißt Ein geschenkter Tag.
Und noch ein Comeback hab ich zu vermelden: Die Elektropopper mesh kehren nach drei Jahren Pause auf die Bildfläche zurück. Während ihrer mehr als 15jährigen Karriere schafften sie bereits vier mal den Sprung aus dem Nischendasein heraus und zu einer Platzierung in den Charts. Am erfolgreichsten waren sie dabei in der Zusammenarbeit mit Mark ’Oh im Jahr 2000. Ihr Titel Waves schaffte es für eine Woche auf Platz 83. Im Jahr 2009 steht nun ihr zehntes Album an. A Perfect Solution soll im Oktober erscheinen. Das Label Dependent spricht davon, dass dieses härter, rauer und dreckiger sein soll als die Vorgänger. Der Vorgeschmack Only Better bestätigt das allerdings nur teilweise. Es ist elektronisch fulminant, mit orchestralen Parts versetzt und sehr pop-orientiert. Die Fans schlagen geschlossen zu und hieven Only Better auf Platz 84. Vermutlich ist schon in der nächsten Woche nichts mehr davon zu sehen. Irgendwie auch schade.
Das waren sie, die Singles, welche auf kommende Alben aufmerksam machen sollen. Marketing-Werkzeuge sozusagen. Manchmal werden Alben und Singles auch zu gleicher Zeit veröffentlicht. Das passiert vermutlich dann, wenn die Plattenfirma sich nicht recht entschließen kann doch etwas mehr Aufwand in die Promotion zu stecken. Oder sie ist selber nicht überzeugt davon, dass der Act in der Lage ist Hits zu lancieren. Solch ein Beispiel ist Melanie Fiona. Die kanadische Sängerin liefert mit Give It To Me Right ihr Debüt und das ist nicht unbedingt schlecht. Aber irgendwie auch meilenweit von überdurchschnittlich gut entfernt. Neben der Albumversion gibt es auf der CD auch einen Mix von Paul Emmanuel, der ist ganz flockig. Aber auch das rettet den Titel nicht. Insofern ist Platz 31 zum Einstand richtig gut. Das dazugehörende Album mit dem Titel The Bridge landet ähnlich erfolgreich auf Platz 35 der Albumcharts.
Und da wir jetzt schon mal bei den Debüts sind. Eine weitere Lady startet ins Pop-Business. Zumindest in Deutschland. In den Niederlanden ist Eva Simons schon mehr oder weniger bekannt, denn sie war Mitglied der Casting-Band Raffish, zusammengestellt in der niederländischen Variante von Popstars. Nach der Trennung von der Band, will Eva Simons ihre Solo-Karriere starten, so richtig klappt das aber nicht, weil sie keinen Vetrag bekommt. Sie schlägt sich unter anderem als Background-Sängerin durch und bekommt 2009 endlich einen Vertrag bei EMI. Und dann beginnt eine clevere Vermarktungstaktik. Silly Boy wird auf YouTube veröffentlicht und mit den Tags Lady GaGa und Rihanna versehen. Innerhalb kürzester Zeit hat der Titel 4 Millionen Klicks. Nun dementiert zwar Eva Simons selbst wie auch die Plattenfirma, dass die YouTube-Veröffentlichung von ihnen stammt. Aber wie dem auch sei, Silly Boy hat mit einem Male Bekanntheit und dem CD-Start steht nichts mehr im Wege. Platz 36 als Debüt – das geht klar. Und die beiden oben genannten Tags treffen es eigentlich ziemlich genau. Informationen über ein mögliches Album gibt es derzeit nicht.
Es ist halbwegs natürlich, dass Singles, die als Vorgeschmack auf Alben veröffentlicht werden, größeres Interesse wecken, als Singles, welche als zweiter oder dritter Titel ausgekoppelt werden. Das liegt natürlich auch an der Praxis im Business. Single, danach sofort ein Album (das bringt mehr Umsatz und kostet nur unwesentlich mehr in der Produktion) und dann natürlich noch ein wenig das Album ”melken” und weitere (bereits eingespielte und produzierte) Titel auskoppeln. Das Ganze könnte natürlich auch komplett anders ablaufen: KünstlerInnen veröffentlichen einen Song, eventuell später einen weiteren. Sie probieren, wohin sie sich entwickeln wollen und nach ein/zwei Jahren erscheint ein Album, welches diesen Prozess mehr oder weniger dokumentiert oder auch gleich einen neuen Standpunkt formuliert. Im elektronischen Bereich funktioniert das ein wenig so. Im Mainstream-Pop überhaupt nicht.
Mainstream, wenn auch mit unglaublicher Reputation, sind auf jeden Fall U”. Sie sind aktuell mit der nunmehr dritten Single aus ihrem aktuellen Album unterwegs. Aber was soll ich dazu schreiben? I’ll Go Crazy If I Don’t Go Crazy Tonight klingt sehr sehr nach den U2 vom Anfang der 80er Jahre. Sie besinnen sich auf ihren typischen Gitarrensound. In den Credits zum Song wird als Produzent auch will.i.am genannt, was ich persönlich ein wenig seltsam finde. Zumindest kann ich von seinem Einfluss so gar nichts entdecken. Umgekehrt erhellt sich vielleicht nun schon etwas mehr, warum die aktuellen Black Eyed Peas genau so klingen, wie sie gerade klingen.
I’ll Go Crazy If I Don’t Go Crazy Tonight hat mehr oder weniger ganz gute Starthilfe im Hintergrund. Der Titel wird nämlich als Background-Musik für eine neue Blackberry-Applikation verwendet. Wie tvsongs.de feststellt, eine Entwicklung die nicht ganz ohne ist. U2 haben nämlich bisher für Konkurrenten Apple geworben. Tja. Mit Erscheinen der Single geht der Titel auf Platz 40 der deutschen media control-Charts rein. Das ist nicht wirklich berauschend, auch nicht für eine dritte Single. Die Zielgruppe, ältere Fans mit Vorliebe für CD-Käufe, nimmt offenbar an Relevanz ab. Und vielleicht muss sich U2 demnächst doch neu erfinden.
Den anderen Weg der Vermarktung gehen Panik – wenn auch nicht ganz freiwillig. Die Band (früher aufgetreten als Nevada Tan) wurde einer breiteren Masse unter dem neuen Namen bekannt bei ihrer Teilnahme am Bundesvision Song Contest im Jahr 2008. Ihr Titel Was würdest Du tun stieg nach dem Fernsehauftritt bis auf Platz 28. Dann war es erstmal ganz lange ruhig weil es Streit mit der Plattenfirma gab und ein Prozess geführt werden musste um den Namen der Band und wer jetzt eigentlich Anrecht auf was hat (debile Prozesse, verwirrende Lage, alles öde). Im August diesen Jahres gab es dann endlich neues Material von den Rockern: Jeder wurde als kostenloser Download-Titel veröffentlicht. Und seit dem 4. September gibt es nun auch eine neue CD-Single Lass mich fallen. Zunächst erscheint sie aus dem Nichts. Einfach um zu zeigen, dass die Band noch (oder wieder) da ist. Zwar wird auf diversen Seiten gemunkelt, dass da auch ein Album in Arbeit ist (und es wäre ja auch traurig wenn nicht), aber nichts Genaues ist erstmal zu erfahren. Feiern dürfen wir, dass Panik aus eigener Kraft, ohne großes Label im Rücken auf Platz 62 in die media control Charts einsteigt. Es geht eben nicht alles immer nur um Vermarktung und Profit.
Jetzt habe ich hier also einen Haufen Neuveröffentlichungen abgefeiert. Und das ist ja auch der normale Lauf der Dinge: eine CD erscheint und alle stürmen in die Geschäfte um sie zu kaufen. Promotet werden die neuen Songs eh schon im Vorfeld durch Radio und TV. Aber dann gibt es vereinzelt doch immer noch Titel, die sich so ganz langsam entwickeln, vom Geheimtipp zum Hit sozusagen. Ein solches Beispiel ist Chris Boettcher mit seiner Satire 10 Meter geh’. Natürlich geht’s bei dem bayrischen Comedian um Germany’s Next Top-Modell. Das Thema ist keineswegs neu, der Titel auch nicht. Schon 2008 schrieb sich Chris Boettcher seinen Frust über die Show von der Seele. Bei seinen Auftritten kam der Titel offensichtlich gut an, so dass schon Mitte Mai (beste Top-Model-Zeit) der Titel als CD-Single beim Label Artists & Acts erschien. Das erreichte natürlich erstmal nur die Insider. Im Zuge von Ballermann und Co. wurde der Titel dann aber bekannter und jetzt steht das Oktoberfest vor der Tür, bei dem es ja auch zünftig zur Sache gehen darf, und so manche Kapelle hat 10 Meter geh’ doch noch schnell ins Repertoire aufgenommen. Mittlerweile wird Chris Boettcher auch über ein Major-Label vertrieben, nämlich über Virgin. 10 Meter geh’ ist angeblich auch noch einmal neu veröffentlicht worden, aber dazu hab ich keine Bestätigung gefunden. Wie auch immer: die Nachfrage steigt und Chris Boettcher feiert seinen ersten Auftritt in den deutschen Verkaufscharts, denn 10 Meter geh’ landet plötzlich auf Platz 53. Mit dem anstehenden Oktoberfest und seinem Auftritt bei ”Verstehen Sie Spaß” am 26. September, dürfte der Titel noch einmal mehr an Nachfrage gewinnen. Mal schauen, was da passiert.
Ein zweiter Titel gehört diese Woche in die Kategorie ”Spätzünder”. Bei Veröffentlichung vor einer Woche nahmen von Pete Yorn & Scarlett Johansson nicht wahnsinnig viele Leute Notiz. Relator versandete irgendwo unter Position 100. In dieser Woche erschien dann das dazugehörende Album Break Up, komplett gefüllt mit Duetten zwischen den beiden. Und offensichtlich gibt es genügend Leute, die beides haben wollen, die Langversion und die Single (vermutlich dann in digitaler Variante für unterwegs). Der Titel, fluffig groovig und zeitlos sing-along-like , steigt auf Platz 100. Schönes Chartdebüt für beide Künstler.
Und: wie fast immer am Ende der kommentierten Übersicht gibt es auch diese Woche wieder einen Schwenk über die modernen Klassiker. Einer der erfolgreichsten Titel des Jahres 2008 war der Remix des Guru Josh Project. Infinity 2008 landete in der Jahresendauswertung 2008 bereits auf Platz 17, aber da stand der Titel noch ganz proper in den aktuellen Verkaufscharts. Auch in diesem Jahr war Infinity 2008 noch ganze 25 Wochen notiert, Platz 6 zum Anfang des Jahres war die höchste Notierung. Vor drei Monaten rutschte der Titel nach 51 ununterbrochen hintereinander notierten Wochen unter die Position 50 und damit raus aus den Charts. Dieser fast einjährige Chartaufenthalt bedeutet Platz 6 in der All Time-Auswertung dieser Kategorie. Nun sind drei Monate vergangen, die Zwangsabstinenz ist vorbei und das Guru Josh Project darf wieder notiert werden. Und nun haltet euch fest: Infinity 2008 steht 14 Monate nach seinem Ersteintritt in den Charts immer noch auf Platz 73. Wow – das heißt, dieser Titel ist nach wie vor nicht totzukriegen. Addieren wir zur Performance des Originals die Rap-Remix-Variante von P.SIX, die mit den Originalaufnahmen von Infinity 2008 arbeitet, so kommen wir auf mittlerweile 61 Chartwochen. Und das ist Platz 9 in der ewigen Auswertung der am längsten platzierten Aufnahmen.
Klassiker Nr. 2 in dieser Woche ist der bislang größte Erfolg von The Killers. Im vergangenen Winter ging so gut wie gar nichts ohne Human. Auf allen Wellen lief der Titel hoch und runter, 33 Wochen in den Charts waren die Folge. In dieser Woche geht der Titel in seine nächste Chartrunde auf Platz 91. Das könnte allerdings knapp werden mit einem wirklich langanhaltendem Aufenthalt.
So, aufgrund der Masse der Veröffentlichungen hab ich nun vor allem über das geschrieben, was die Industrie gern verkaufen möchte (und auch verkauft). Aber was wollen die Menschen auf der Straße? Was sind die Hits, die ohne riesige Medienpräsenz entstehen? Vielleicht 3OH!3? Das ist ein Bandprojekt aus den USA, das ziemlich frech Crossover in seiner besten Art zelebriert. Da geht es quer durch Rock, HipHop und Elektro … und was hinten rauskommt ist eine großartige Mischung mit frechen Texten. In ihrer Heimat haben sie den letzten Winter bereits ordentlich für Furore gesorgt, in Großbritannien ging es im Sommer bis Platz 21 und nun ist auch Deutschland dran. Allerdings, sowohl das Album WANT als auch die Single Don’t Trust Me sind nur äußerst kompliziert und nur digital zu erhalten. amazon beispielsweise bietet keins von beiden an, da muss mensch also schon einigermaßen findig sein. Offensichtlich sind das aber doch ein paar Leute. Don’t Trust Me landet in dieser Woche als Neueinsteiger auf Platz 95. Und hier könnte noch einiges folgen. Bekannt wurden 3OH!3 durch ihre Auftritte als Vorband von Katy Perry, prompt ist die neue Single auch eine Zusammenarbeit mit ihr. Und angeblich soll Don’t Trust Me auch der Werbesong für irgendein Apple-Produkt sein. Hab’ ich allerdings noch nicht gesehen.
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