10. Juli 2009: ... außerdem …

Natürlich gibt es außer der Flut von Michael Jackson-Rückkehrern auch noch einige reguläre Chartereignisse in dieser Woche.
Zunächst einmal – und das war nicht so selbstverständlich – steht Emilíana Torrini nunmehr eine zweite Woche mit Jungle Drum an der Spitze der deutschen media control-Auswertung. Lustig ist, dass sich mittlerweile aber allerorten Kritik breit macht: der Titel sei einfältig und dumm – eben ein echter Sommerhit. So hab ich das noch gar nicht gesehen. Einen Sommerhit würd ich Jungle Drum nämlich grad gar nicht nennen. Nun ja, schauen wir mal wie sich die Ereignisse weiter entwickeln und ob die Radiostationen es tatsächlich in Kürzestzeit schaffen einen Titel tot zu spielen.

Ebenso wie Emilíana Torrini v erharren auch unverändert Cassandra Steen feat. Adel Tawil mit ihrem Titel Stadt auf der Vizeposition. Es ist dies bereits die dritte Woche, in welcher der Titel die Nr.2 belegt. Gefühlt sind ja die beiden Spitzentitel bei media control auch im Radioeinsatz ganz oben. Die Auswertung von MusicTrace sagt da allerdings was ganz anderes: Stadt taucht gerade mal auf der 8 auf und Jungle Drum wird gleich gar nicht gelistet. (Allerdings führen sie auch eine ganze Menge Subauswertungen, wo es dann wieder ganz anders aussieht.) Die Lsite von Nielsen music führt dagegen Emilíana Torrini auf der 4 und Cassandra Steen feat. Adel Tawil auf der 13. Beide Listen sind sich einig: meistgespielter Titel ist Moments Like This von Reamonn (in den Verkaufscharts von der 21 auf die 30 fallend).

Auch Lady GaGa bewegt sich mit Poker Face nicht von der Position 3. Der ehemalige Nr.1-Hit kann sich also nach wie vor äußerst gut behaupten und komplettiert die völlig statische Spitzengruppe. Nachfolger Lovegame entert nun endlich auch die Charts. Vier Monate nach Poker Face wurde die neue Single veröffentlicht. Taktisch ganz gut gesetzt, um die Nachfrage nach dem Dauer-Nr.1-Hit auch nicht zu schmälern. Lovegame kann aber zum Start nicht direkt an den Hype anknüpfen und landet „nur“ auf der Position 8. Immerhin ist es der beste CD-Singlestart der Woche und in diesem Jahr bereits der dritte Top10-Hit für Lady GaGa und damit steht sie auf Augenhöhe mit P!nk, der dasselbe bisher als Einzige in 2009 gelang. Offensichtlich ist dieses Jahr das große Jahr der Solo-Künstlerinnen.
Stilistisch knüpft Lovegame ziemlich genau da an, wo Poker Face aufhört. Auch die neue Single ist elektro-orientierter Diskopop, vielleicht eine Spur härter und clubbiger als der Vorgänger. Unter den Remixen findet sich auch eine Menge illustrer Gäste, zum Beispiel hab ich bereits vor ein paar Wochen auf die Version mit Marilyn Manson hingewiesen. Da gibt es also einiges zu entdecken und zu feiern.

Lady GaGa hat zwar die kommerziell erfolgreichste CD-Neuveröffentlichung der Woche auf ihrem Konto, den höchsten Neuzugang stellt sie aber nicht. Der geht nämlich an The Black Eyed Peas. Sie beweisen mit I Gotta Feeling allen kritischen Stimmen zum Trotz, dass ihre Neudefinition von R’n’B Relevanz hat und beim Publikum perfekt ankommt. Es ist bereits vor CD-Ceröffentlichung (am 10. Juli) ihr insgesamt achter Top 10-Hit und der dritte in Folge. Vorgänger Boom Boom Pow, der gerade mal vor sieben Wochen veröfentlicht wurde, rutscht in dieser Woche aus den oberen 10 raus und steht auf Position 11 (von 8 kommend). Die Plattenfirma nutzt offensichtlich die Gunst der Stunde und veröffentlicht schnellstmöglich das vorhandene Material, um den Albumverkauf anzukurbeln bzw. zu vermeiden, dass spätere Singles dann nicht mehr so gut laufen, weil ja alle schon den Longplayer besitzen.
Für mich klingt I Gotta Feeling ein klein wenig zu beliebig. Gitarre auf Sprechgesang ... hmm – schielen The Black Eyed Peas nicht ein wenig zu sehr nach dem Mainstream? Wenn also in zwei Wochen die CD-Verkäufe ins Ranking mit eingehen und The Black Eyed Peas mindestens unter den ersten drei zu finden sein werden, dann ist die Rechnung aufgegangen.

In zwei Wochen wird in der Album-Liste ganz sicher sehr weit oben das neue Werk der Söhne Mannheims stehen. Der Titelsong Iz On wurde schon etwas eher veröffentlicht und landet in der ersten Verkaufswoche auf Platz 15. Auch das wieder ein Klagelied über den schlechten Zustand der Welt, jammern kommt noch immer ganz gut an. Vielleicht ist es also der Beitrag zur viel beschworenen und besprochenen Krise. Wer weiß.
Die Söhne Mannheims sind nicht meine Welt, daher halt ich mich hier zurück. Nur so viel: Iz On ist der direkte Nachfolger zum Nr.1-Hit Das hat die Welt noch nicht gesehn vom letzten August. So lange also gab es nichts aktuelles von Xavier Naidoo und Freunden. Platz 15 – nun ja, noch nicht ganz das was eigentlich möglich sein sollte, aber auch nicht so abgrundtief schlecht. Und immerhin ist dies die zehnte Single, die sich von den Söhnen Mannheims in Deutschland platzieren kann.

Soweit die allerwichtigsten Neuheiten in Sachen Musikmarkt und Charts. Aber natürlich komme ich im weiteren Verlauf nicht umhin, doch noch ein wenig über Michael Jackson zu referieren. Die aktuell beliebtesten Titel habe ich bereits am Freitag ausführlicher behandelt, das waren: Thriller (Platz 9), Earth Song(12), Beat It (14), Billie Jean (18), Heal The World (21), Dirty Diana (22) und They Don’t Care About Us (26). Weiter geht’s im Reigen der Trauerkäufe auf der 31 mit Black Or White. Mit dieser Single startete Michael Jackson in die 90er und kündigte sein Dangerous-Album an. In Deutschland erreichte der Titel 1991 Position 2. Das Album generierte acht weitere Hitsingles, auch das ein Rekord, allerdings einer, den es sich mit dem Album Bad teilen muss. Unter anderem gehörten dazu Will You Be There, 1993 eine Position 12, in dieser Woche eine 52, oder auch Remember The Time, 1992 die zweite Singleauskopplung, brachte es bis Platz 10 und steht in dieser Woche auf Position 67.

Aus Bad kann sich der Titelsong auf der 44 durchsetzen, 1987 reichte es für Platz 4. Smooth Criminal kletterte 1988 auf die 9, jetzt ist es die 38. Und The Way You Make Me Feel konnte 1987 bis zur 12klettern, in dieser Woche wird es noch einmal auf der 61 notiert. Die insgesamt achte Auskopplung aus dem Album Leave Me Alone schaffte 1989 dann immer noch Platz 16, und auch heute gehört sie noch zu den Standards im Jackson-Back Katalog. Platz 95.

Aus dem Jahr 1995 stammt You Are Not Alone, welches auf der 33 steht. Es war die zweite Single des HIStory-Albums und erreichte bei seinem ersten Chartlauf die 4. Zwei Nr.1-Hits später wurde 1996 Stranger In Moscow ausgekoppelt. Da war dann aber die Luft schon ziemlich raus und lediglich Platz 21 möglich. Die Ballade schafft es in dieser Woche auf die 80.

Der erste Titel, der sich je von Michael Jackson in Deutschland platzieren konnte war Don’t Stop ’Til You Get Enough. 1979 erreichte der Titel die Position 13, bei seiner Wiederveröffentlichung als Dual-Disc 2006 ging es noch einmal auf die 77, jetzt steht der Titel noch etwas besser in der Liste: auf Platz 69 in der insgesamt 26. Woche.
Ebenfalls aus dem Album Off The Wall von 1979 stammt Rock With You. Bei vielen ist dieser Titel nahezu unbekannt, 1980 platzierte er sich in Deutschland auf der 58, in den USA war es die dritte Nr.1 für Michael Jackson. Jetzt schafft es die Aufnahme noch einmal auf die 98.

Aus dem bestverkauften Album aller Zeiten Thriller kann sich auch Singleauskopplung Nr.4 Wanna Be Startin’ Somethin’ noch einmal im Verkauf behaupten. Platz 75 gibt es in dieser Woche, den Höhepunkt hatte es 1983 mit Platz 16. Und natürlich ist es bekannt durch das Sample in Rihanna’s Don’t Stop The Music. Außerdem gab es zum 25jährigen Jubiläum des Albums einen Remix mit zusätzlichen Vocals von Akon. Diese Version unter dem Titel schaffte es im letzten Jahr bis zum Platz 63. In der Auswertung bei chartsurfer.de wird diese Version für die aktuelle Woche gezählt, MTV und VIVA listen dagegen das Original und auch bei iTunes wird das Original sehr viel höher gewertet als die Neufassung. Für Michael Jackson spielt das eher eine untergeordnete Rolle, denn bei beiden Versionen wurden die selben Gesangsaufnahmen verwendet – also ohnehin ein und derselbe Titel.
Ähnliches lässt sich über The Girl Is Mine sagen. Der Titel war 1982 die erste Single aus dem Thriller-Album, sozusagen der offizielle Teaser, und im Original ein Duett mit Paul McCartney. In den USA und in Großbritannien ein Top 10-Hit, versickerte der Titel auf dem deutschen Markt und schaffte es in vier Wochen lediglich bis Platz 53. Zum 25-jährigen Jubiläum des Albums erschien dann eine Version Michael Jackson versus will.i.am, die dann auch in Deutschland wenigstens bis zur 21 stieg. Nun ist der Titel wieder drin auf Platz 89 und laut iTunes handelt es sich dabei um das Original von 1982, welches vor allem gekauft wurde. MTV und VIVA listen vorsichtshalber den Titel gleich nur unter dem Namen Michael Jackson und bei chartsurfer.de wird die letzte Veröffentlichung, also die Variante mit will.i.am gezählt.

1997 erschien mit Blood On The Dance Floor das erste Mal ein Remix-Album von Michael Jackson. Er selber hatte wohl nicht so viel Freude daran und laut wikipedia und anderen Seiten erschien dieses Album vor allem auf Wunsch der Industrie. Michael Jackson goes elektronisches Zeitalter ... Der Titelsong konnte sich anständig verkaufen und landete in Deutschland auf Platz 5. In dieser Woche steht der Titel noch einmal auf der 92.

Eine der unglücklichsten Album-Veröffentlichungen war wohl das Album Invincible im Jahr 2001. Mit dem beginnenden Digitalzeitalter kursierte es teilweise schon vor Veröffentlichung in Tauschbörsen. Die Industrie zog sich daraufhin beleidigt zurück und stellte jegliche Werbung für das Album bzw. einzelne Auskopplungen ein. Das Ergebnis: lediglich zwei Singles in den Charts. Die erste You Rock My World ist offensichtlich dennoch ein Klassiker geworden, sie steht jetzt noch einmal auf der 94.

Am Ende der Liste stehen zwei Titel von/mit Michael Jackson, die tatsächlich das erste Mal gelistet werden. Auf der 91 stehen die Jackson Five mit I Want You Back - ein Klassiker, der aber bislang nie genug Verkaufszahlen aufweisen konnte. Und auf der 99 schafft es der Titelsong des achten Albums - Dangerous zum ersten Mal in die Charts. Damit hat Michael Jackson einen 40. Titel unter seinem Namen in den deutschen Charts abgesetzt. In den nächsten Wochen wird sich entscheiden, ob dieses tatsächlich der letzte sein wird oder was sich an unveröffentlichtem Material noch alles findet.

In all der Flut von Michael Jackson-Titel ist es nicht einfach, den Blick noch auf Titel und Bands zu werfen, die ebenfalls in der Woche 26. Juni bis 2. Juli ihre CDs veröffentlichten, aber nicht bis ganz nach oben schossen. Selig zum Beispiel liefern mit Wir werden uns wiedersehen einen Nachfolger zu Schau schau, welches Ende März für ein paar Wochen in der Liste stand. Und Selig haben treue Fans, denn der neue Titel beginnt seine Chartkarriere fast auf der identischen Position wie der Vorgänger, nämlich auf der 47. Es ist übrigens das erste Mal in der Karriere der Band, dass sie zwei Titel innerhalb eines Jahres in den Charts absetzen können.

Auch aus Deutschland und auch wieder da mit einem neuen Album sind Jennifer Rostock. Mittlerweile vollkommen in Berlin gelandet gehören sie immer noch zu dem attraktivsten und aufregendsten was die junge deutsche Bandlandschaft zu bieten hat. Du willst mir an die Wäsche soll Geschmack machen auf das kommende Album Film. Das scheint zu funktionieren, der Titel steigt ein auf der 55, nur wenig unter ihrem Vorjahresdebüt Kopf oder Zahl, welches enormen Mediensupport hatte. Von denen werden wir wohl noch mehr hören.

Das waren die guten Nachrichten aus Deutschland. Leider gibt es auch schlimme. Zum Beispiel: die Lollies sind wieder da. Mittlerweile ist ja nicht nur der Februar eine Hochzeit für Partyhits der peinlichsten Sorte, sondern auch der Sommer. Am Strand in Malle geht’s munter weiter und dazu gehört die entsprechende Musik. Zum Beispiel Arsch im Sand. Da geht’s dann genau um das, was die Massen alljährlich an den Strand dort treibt: Sangria, Strandkönig, Red Bull, Sonne ... Schade nur, dass das irgendwie so ganz ohne jeden Anspruch daherkommt. Bisschen Countrygitarre, bisschen Raverfanfare und ein ganz simpler Text, nun ja ... Die Lollies landen damit ihren dritten Charthit, Reutlingen feiert das mit Sicherheit, Platz 72 in der ersten Woche und ich persönlich hoffe, dass der Chartaufenthalt so kurz sein möge, wie bei allen anderen Titeln vorher auch.

Am Ende der Charts gibt es auch Neues aus dem Hause Zooland rec. Auf dem Digital-Sublabel erschien nun höchst offiziell der Zooland-Sommerhit für dieses Jahr Do It All Night von Darius & Finlay feat. Nico. Es ist der erste Charthit für die zwei DJs samt Verstärkung, der Sound entspricht dem, was auf dem Main-Danceflorr derzeit angesagt ist, Schrammelknarz plus Hymnen-Hookline. Könnte was werden mit einem größen Ohrwurm. Der Start erfolgt in dieser Woche zunächst auf Platz 83. Und wenn dieser Titel nicht zündet, dann besorgen es uns ganz sicher in den nächsten Wochen Cascada (das ganz große Zugpferd aus dem Hause Zooland), die ebenfalls in den Startlöchern stehen und gerade in England ihre erste Nr.1 feiern können.

Und die allerletzte Geschichte für diese Woche ist die eines schwierigen Starts. Die Band Daughtry legte 2006 mit ihrem Debüt-Album und vor allem mit der Single It’s Not Over einen ganz guten Start hin. Sehr viel Medienaufmerksamkeit, Einsatz als Begleitmusik im Sportfernsehen und eine überzeugte Fangemeinde. In Chartpositionen drückte sich das dann so aus: Album auf der 40, Single Platz 38. Nun steht das neue Album an: Leave This Town. Und natürlich gibt es eine Vorabsingle, mit dem Titel No Surprise. Ich bin nicht 100% von dieser überzeugt, aber es ist ziemlich gut gemachter Rock (manchmal steht irgendwo auch die Bezeichnung Post Grunge – Who knows?). Das schwierige ist nun das Verhalten des Labels: Daughtry sind nicht groß genug um als Mainact vermarktet zu werden, also entschied sich das Label No Surprise nur als Digitalsingle zu veröffentlichen. Seit 19. Juni ist der Track offiziell zu haben, aber erst in seiner zweiten Woche reicht die Anzahl, um sich in den Charts zu platzieren. Und dann ist es ausgerechnet die Woche, in welcher die Michael Jackson-Invasion startet. So bleibt nur ein wirklich wenig zufriedenstellender Platz 96 für No Surprise. Spekulieren könnten wir: nächste Woche beruhigt sich das Jackson-Fieber wieder ein wenig + Digitalverkäufe funktionieren etwas anders, sie steigern sich nämlich über einige Wochen ehe sie den Zenit überschreiten und im Long Tail verschwinden. Prognose – in 7 Tagen können Daughtry mindestens 20 Plätze zulegen. Das würde zwar immer noch nicht an vorhergehende Erfolge heranreichen, aber wenigstens schon etwas überzeugender aussehen. Wir werden es erleben.

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