01. Mai 2009

Frauenpower ist wohl das Thema der Woche, die Nr.1 und die drei höchsten Neuzugänge gehen auf das Konto von Künstlerinnen. Allerdings sind diese so verschieden wie nur irgendetwas, da lohnt sich vielleicht mal ein allgemeiner Blick auf das weibliche Treiben im Musikbusiness, denn:
Wieder einmal tut sich wenig an der Spitze der deutschen media control Verkaufscharts. Die CD-Käuferinnenschaft ist sich einig. Oder besser: die meisten finden immer noch das Gleiche attraktiv wie in der letzten Woche. Und das hinunter bis zum Platz 5. Das klingt irgendwie sehr solide.

So steht also Lady GaGa mit Poker Face eine achte Woche ganz oben an der Spitze der Liste. Ob nun diese Ehre damit zu tun hat, dass sie sich in einer tollen PR-Aktion als schwulen Mann in einem Frauenkörper geoutet hat, tja wer weiß. In jedem Fall gab das mal ordentlich Schlagzeilen. Gibt ja auch nichts Wichtigeres als dass, was Lady GaGa so über sich und ihr Dasein denkt. In diesem Zusammenhang kann ich also auch ein paar statistische Fakten bringen, denn mit acht Wochen auf der Spitzenposition rückt Lady GaGa ganz langsam in die Nähe der 20 Titel, welche am längsten auf der Nr.1 aushielten. Im letzten Jahr reichte diese Leistung für Schnuffel mit dem Kuschel Song und Kid Rock mit All Summer Long aus, um für das Jahr 2008 als längstplatzierte Nummer 1 Hits in die Wertung einzugehen. In diesem Sinne hat Lady GaGas Poker Face gute Chancen in die Geschichte einzugehen und zum Klassiker zu werden. Denn obwohl immer alle behaupten, die Charts hätten keine Bedeutung mehr, wird doch allerorten zitiert, dass dieser und jener Titel ja dann und dann so und so viele Wochen Nr.1 war.

Wenn momentan Lady GaGa nicht überall omnipräsent wäre, dann wäre sicherlich P!nk die Frau der Stunde. Denn sie gehört zweifellos zu den Künstlerinnen, die dieses Jahrzehnt geprägt haben. In dieser Woche steht die dritte Auskopplung aus ihrem Album Funhouse neu in der media control-Liste. Und wieder frage ich mich, warum in Deutschland die Geschichte mit dem Download-Verkauf nicht funktioniert. Bereits seit 1. März gibt es Please Don't Leave Me in digitaler Form. Als Track auf dem Album sowieso. Und dennoch braucht es die Veröffentlichung als CD um auf Rang 9 einzusteigen. Sind die deutschen so traditionell? Oder haben sie keine iPods?
Aber ich wollte von positiven Dingen erzählen, und hier sind sie: P!nk liefert mit dem ungewohnt melodiösen und fast lieben Titel ihren vierten Top 10-Hit in Folge, das ist ihr seit dem Jahr 2003 nicht mehr vergönnt gewesen. Damals, zu Beginn ihrer Karriere landete sie fünf Titel hintereinander unter den oberen 10. Außerdem reiht sich das Album Funhouse nun direkt ein hinter M!ssundaztood und I'm Not Dead, die ebenfalls jeweils mindestens 3 Top 10-Hits lieferten. Im Moment ist P!nk ohnehin der einzige Act, der drei Titel im Jahr 2009 in diesen Höhen absetzen konnte. Und jetzt nennen wir sie doch nochmal die Damen, die dieses Jahrzehnt wesentlich mitbestimmten und im Moment noch sehr aktiv agieren: Rihanna, Sarah Connor, Nelly Furtado. Im Zehnjahresbogen gesehen geht es nun also in den Endspurt und P!nk scheint da noch eine Menge Sprit im Tank zu haben um mit ihren Kolleginnen mithalten zu können, wenn nicht sogar diese zu überholen.

Eine Künstlerin, die erst noch zu solchen Erfolgen hin will ist Linda Teodosiu. Allerdings hat sie als Drittplatzierte der letztjährigen Staffel Deutschland sucht den Superstar nicht wirklich gute Karten in der Hand. Das, was der Titel der Casting-Show verspricht, hat das TV-Spektakel bisher nur äußerst selten eingehalten. Und erst recht bei Frauen. Schon gibt es böse Zungen, Herr Bohlen und Co würden da mit Absicht dran drehen und Frauen benachteiligen ... Linda Teodosiu steht jedenfalls unter Vertrag bei Volker Neumüller, Jury-Mitglied und Manager der Sternchen. Love Sux ist nun gut ein Jahr nach dem Finale 08 die erste Single für Linda. Der Sound ist eingängig, genauso produziert wie es zur Zeit klingen muss. Ein bisschen Sarah Connor, ein bisschen Synthi-Sound. Gäbe es nicht schon 500 solcher Acts, hätte Linda Teodosiu sogar Chancen auf Hitplatzierungen. So reicht es nach einem gutem Timing - erst war der Veröffentlichungstermin für den 3. April angesetzt, aber da gabs ja ne Menge heißen Stoff neu und dann gabs den Auftritt beim Perfekten Promi Dinner am 12. April - so reichts also für Platz 24. Nun - als 17jährige kann einem auch Schlimmeres passieren.

Dass Casting-Shows nicht per se etwas Schlechtes sind, sondern tatsächlich auch Talente entdecken, die es später international zu Aufmerksamkeit bringen können, beweist die estnische Variante Fizz Superstar. Dort begann zum Beispiel im Jahr 2002 Kerli ihre Karriere. Zwei Jahre nach ihrem Sieg trat sie beim Eurolaul dem estnischen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest an. Und jetzt steht sie international mit dem Album Love Is Dead am Start. Daraus ausgekoppelt wurde die Single Walking On Air, als Trendsingle seit Ende Februar erhältlich und jetzt regulär erschienen. An dieser Stelle kann ich nur empfehlen: Anhören. Eine romantisch, schräge Mischung aus Björk, Stina Nordenstam und Nelly Furtado, sehr eigen, sehr skandinavisch und irgendwie magisch. Eigentlich können wir uns nur wünschen, dass wir mehr von Kerli zu hören bekommen und Platz 25 noch lange nicht alles ist. Mein Favorit in dieser Woche mit ganz ganz vielen Ausrufezeichen!!!!

So, das waren sie die Frauen. Schauen wir mal auf die erfolgreichsten Männer der Woche. Da stehen die Plätze 2 bis 5 unverändert da, und so seien die beiden Medaillenträger Milow mit Ayo Technology und Razorlight mit Wire To Wire hier noch ganz schnell genannt.

Und dann wirft eins der Comebacks des Jahres seine Schatten voraus. Die amerikanischen Punk-Rocker Green Day setzen an zum ganz großen Wurf. Ihr letztes Lebenszeichen stammt aus dem Jahr 2006 als sie in Zusammenarbeit mit U2 ihren bis dato größten kommerziellen Erfolg The Saints Are Coming einfahren konnten, der es hierzulande bis zur Position 6 brachte. Danach gabs zwar von ihnen noch eine Version des Titeltrachs zum Simpsons-Films, aber der konnte sich irgendwie nicht als Hit durchsetzen. Nun steht das Album 21st Century Breakdown in den Startlöchern. Die Vorabauskopplung Know Your Enemy gibt es seit 17. April als 2-Track-Single, am 8. Mai folgt dann der komplette Release, aber schon jetzt gelingt es den Jungs, sich auf der 27 zu platzieren. Der Sound geht wie gewohnt zur Sache und ich würde tippen, dass wir in drei Wochen Know Your Enemy unter den ersten 10 wiedersehen werden. Insgesamt ist es ihre zehnte Single, die sich seit 1994 in den Charts platzieren kann.

So ähnlich wie Green Day haben es auch Nickelback gemacht .... das hätte ich gern geschrieben, aber leider ist I'd Come For You seit 3. April lediglich als 2-Track-Single erhältlich, damit auch auf Platz 51 eingestiegen. Aber mehr gibt es da nicht an Silberlingen. Mit dem 12. April (komisches Datum: ein Sonntag!) steht bei amazon auch eine Import-CD-Version zum Verkauf, stattlicher Preis 13,99 EUR. Das müssen wahre Fans sein, die sich so etwas zulegen. Und in dieser Woche geht es von der 57 auf die 39 - warum eigentlich? Schweres Mysterium. Weder die Seite der Plattenfirma noch die bandeigenen Homepage geben etwas dazu her. Und selbst die sonst so aktiven Fan-Foren schweigen sich aus. Vielleicht haben doch die Bettelaufrufe geholfen, für die Band abzustimmen. Oder die Schalgzeilen über eine KLage durch Kings Of Leon wegen verhunztem Cover ihres Use Somebody sind wirklich verkaufsfördernd. Ich werds wohl nie erfahren. Aber: Platz 39 ist für Nickelback auch nicht unbedingt die super Platzierung.

Was gab es noch Neues in dieser Verkaufswoche (17.-23. April)? Zum Beispiel das:
2008 lieferte sie den Track, der sich am längsten in den deutschen Charts aufhielt, nämlich ganze 40 Wochen. Platz 14 war ihre Bestplatzierung und der Track ein moderner Dancefloor-Klassiker. Die Rede ist von Ida Corr vs. Fedde le Grand und Let Me Think About It. Gehört ja immer noch zu den Tracks, die aktuelle Produktionen inspirieren. Ende des Jahres erschien dann Ida Corrs Solo-CD One, aber so richtig ging die nicht los. Dann stand Ride My Tempo Ende Januar plötzlich auf Platz 1 der Deutschen DanceCharts. Der coole, fast minimalistische Track hatte sich in die Beine und Hüften der Discopartygänger eingenistet. Aber noch fast drei Monate brauchte Ministry Of Sound, um nach Vinyl endlich auch eine CD auf den Markt zu bringen. Klar, Dancemusic hat schon längst ganz andere Plattformen und verkauft sich vorzugsweise digital. Im Fall von Ida Corr wär's aber vermutlich sogar kommerziell sinnvoll gewesen, schneller auf dem Markt zu sein. So geht der Track in dieser Woche erstmal nur auf der 54 in die Liste. Kann sein, dass er sich auch erst langsam entwickelt. Potenzial hätte er.

Noch eine Sängerin mit viel Potenzial sorgt in der aktuellen Chartauswertung für Furore. Jennifer Hudson ist eine begnadete Schauspielerin, im Grunde sollte sie bereits zu den Top-Namen im Filmbusiness gehören. Aber sie arbeitet derzeit vor allem an ihrer Karriere als Sängerin. Ende letzten Jahres landete sie mit Spotlight einen ersten Achtungserfolg in Deutschland, immerhin Platz 58. Nun steht die neue Single If This Isn't Love auf dem Plan und noch vor der Veröffentlichung auf Single-CD kann der Titel als Download-Track auf Platz 76 seinen Einstieg feiern. Es ist anzunehmen, dass sie in der nächsten Woche mit Ankunft der realen CD einen ordentlichen Sprung nach vorn macht. Der Titel selber ist ein sauber produziertes Stück R'n'B im Stil von Beyoncé etc. Für mich ein wenig zu smart, aber ein Großteil der Musikkäuferinnen kann mit dieser Ballade offensichtlich etwas anfangen.

Smart auf ganz andere Art ist mal wieder die nächste Single der Kinder-Casting-Group beFour. Immer noch glatt produziert und gestylt, als erwachsener Mensch sofort durchschaut in seiner biederen Debilheit, tja und bei Kids funktionierts. Ding-A-Dong ist ein Cover des Grand Prix-Siegertitels von 1975, damals interpretiert von der niederländischen Band Teach-In. Für beFour das bislang allerschlechteste Ergebnis jemals, denn nie zuvor verfehlte einer ihrer Titel die obere Hälfte. Dieses mal geht es nur bis Platz 61 obwohl die Melodie schon nach einem mal Hören nicht mehr aus dem Kopf geht.

Grand Prix und Kinder ist ein Link, der auch für Texas Lightning und ihren Titel Seven Ways To Heaven gilt. Bekanntermaßen waren sie 2006 mit No No Never als deutsche Teilnehmer beim Eurovisioons Contest dabei, dort zwar nicht erfolgreich, aber hierzulande wars ein Nr.1-Hit. Im letzten November kündigten sie dann das Ende ihrer Zusammenarbeit an, aber nun erschien zum Kinderfilm Die Legende vom Schatz im Silbersee mit Christian Tramitz und Cosma Shiva Hagen der Soundtrack, eingespielt von Texas Lightning. Platz 80 gibt es dafür.

"Fernsehen und die Charts" spielt in dieser Woche seltsamerweise eine eher untergeordnete Rolle. Zumindest was die direkte Vermarktung und Platzierung von Charttiteln im TV angeht. Das ist wohl ein Grund, diese Woche besonders im Kalender anzukreuzen. Ganz ohne geht es allerdings nicht, denn mit Steve Appleton und seinem Song Dirty Funk erschien soeben der Soundtrack zum neuen Smart-Werbespot. Außerdem hatte Steve Appleton pünktlich einen Tag vor Veröffentlichung der CD einen Auftritt bei Stefan Raabs TV total, tja und somit steigt der schön eingängige und lauschige Sommerpoptitel mit Surferstyle auf der 71 ein. Für den 19jährigen das Chartdebüt. Auch hier faszinierend: die Digitalversion des Titels ist bereits seit Ende Februar erhältlich.

Nach seinem Top 10-Hit mit Silbermond gibt es von Curse nun wieder einen reinen Solo-track aus seinem Freiheit-Album: Wenn ich die Welt aus dir erschaffen könnte. Bislang hatte der Rapper aus Minden den Ruf zwar nicht besonders streitbar, aber doch wenigstens gesellschaftsrelevante Texte zu reimen. Hier ist es nun ein astreines Liebesgedicht, allerdings mit derartig deutlichen Religions- und Christentum-Zitaten, dass er den Titel Xavier Naidoo 2.0 verdienen würde. Nach wie vor ist mir rätselhaft, warum sich deutsche Sänger so gerne auf Gott verweisen. Ist das der einzige Ausweg aus einer Kleinstadt-Situation, die mit wachsender Pluralisierung und Buntheit nicht zurecht kommt? Brauchen wir dieses Festhalten an Vergleichen mit überholten Weltbildern? - Gemessen an den Verkaufszahlen gibt es wohl einige Menschen, denen Curse aus der Seele spricht. Platz 82 ist zwar nicht mehrheitsrelevant, aber immerhin wahrnehmbar.

Die momentane Verlangsamung der Charts ist nicht nur an den relativ stabilen Top 10 ablesbar, sondern auch an den Wiedereinsteigern. In dieser Woche sind es mal wieder nicht so viele, lediglich zwei, dafür steht mit Akon und Right Now (Na Na Na) allerdings ein Titel wieder auf der 87, der als Höchstposition ganz zum Ende des letzten Jahres Platz 44 erreichen konnte und es dennoch geschafft hat, die dreimonatige Sperrfrist in der unteren Hälfte der Charts zu überstehen. Wahrscheinlich hat er auch ein wenig Rückenwind durch die aktuelle Single Beautiful zusammen mit Kardinal Offishall & Colby O'Donis, die aktuell von der 34 auf die 36 geht.
Und der Vollständigkeit halber sei hier schnell noch gesagt, dass Flo Rida feat. T-Pain mit Low auch noch einmal auf der 100 mit dabei sind, insgesamt die 22. Woche.

Die letzte Story für heute gehört wieder einem Dance-Track. Den besseren habe ich weiter oben mit Ida Corr schon ausgiebig betrachtet. Neu als CD und damit in den Charts sind auch die Topmodelz. Auf Platz 97 steigt ihr neuestes Cover ein: Take On Me, und das stammt im Original von der norwegischen Gruppe a-ha, die damit 1985 ihr Debüt gaben und gleich mal fünf Wochen die Position 1 belegten. Seitdem wurde der Titel mehrfach nachgesungen, gecovert, geremixt etc. Zuletzt war er um die Jahrtausendwende in zwei verschiedenen Versionen in den Charts. Nun haben sich also auch die Topmodelz dieses Klassiker angenommen und liefern auf der CD eine Menge von verschiedenen Mixen. Die Radio Edit ist ein bisschen arg zahm und weichgespült, aber für Freunde der Schranz-Zunft ist auch was dabei. Take On Me ist der sechste Titiel der Topmodelz, der sich in den deutschen Charts platzieren kann, allerdings bislang auch der schlechtest notierte. Ihren größten Erfolg hatten sie 2001 mit ihrem Debüt L'Esperanza. Das kam immerhin bis auf Platz 72.

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