Und hier ist Teil 2 meines Rundumschlags ... entlanghangelnd an den media control-Charts. Die ganz großen Hits und Kracher (zumindest laut Umsatzzahlen) hab ich ja bereits am Freitag abgefeiert. Zu den großen und wichtigen Stücken in diesem Sommer gehört aber auch unweigerlich Pitbull. Egal welche Feier, egal welche Stadt in Europa I Know You Want Me (Calle Ocho) tönt aus den Boxen, gehört einfach dazu. Kein Wunder also, dass Pitbull europaweit auf Platz 3 geführt wird. Tja – und der Erfolg kommt nicht von ungefähr ... Pitbull steht für die konsequente Weiterentwicklung des Dancehall/Raggaton, kombiniert mit Elektro, Acid, Sampling ... und natürlich gibt es da auch schon eine ganz eigene, weltweite Szene, die dem neuen Hybrid-Sound aus Latin, DanceHall und Techno frönt. Mit etwas Glück findet ihr beim Surfen auch ganz schöne Bastard-Varianten im Netz ... mein Tipp aktuell: der DNA vs. Lazyboi-Remix von Calle Ocho. Enjoy it! – Ach ja: in Deutschland klettert der Titel laut media control in seiner siebten Chartwoche nochmal von der 10 auf die 8 und erreicht damit eine neue Bestplatzierung. Verdientermaßen!
Und weiter geht’s mit Neuheiten aus der Woche 24. bis 30. Juli. Da können wir gleich im Genre Latino-Sound bleiben, denn in diesem Sommer ist (mal wieder) spanisch eine der angesagten Sprachen im Urlaubs- und Sommerhitreigen. Allerdings steht Jay del Alma weniger für die wilden durchtanzten Nächte als vielmehr für die Kuschel-Love-Affair-Ballade. Mi Corazón ist eine romantisch verkitschte Karibik-Variante von Heinz-Rudolf Kunzes einzigem wirklich kommerziellen Hit Dein ist mein ganzes Herz. Das Original schaffte es im Januar 1986 bis auf Platz 8 der deutschen Single-Charts. 2002 gab es schonmal ein Remake von DJ R.O.C.K., welches es sogar zu Chartehren brachte. Nun also erneut eine Variante, wie gesagt auf spanisch und in kuschelweich gespült – auf der CD gibt es auch eine spanisch-deutsche Version mit Original-Ausschnitten von Herrn Kunze versetzt. Die Zielgruppe ist wahrscheinlich eher etwas jünger, denn so naiv lauschig kann das Bild von der Karibik bei erwachsenen Menschen eigentlich gar nicht mehr sein. Der Interpret Jay del Alma ist auch kein ganz Unbekannter mehr im Business. Als eine Hälfte von Pachanga hat der 28-jährige Puertoricaner bereits vier Charteinträge zu Buche stehen. 2005 bzw. 06 war er dabei mit Loco und Close To You am erfolgreichsten. Nunmehr scheint er (oder seine Plattenfirma) sich eher in Richtung Ricky Martin / Enrique Iglesias entwickeln zu wollen. Offensichtlich funktioniert das halbwegs, besonders innovativ ist es aber nicht. Mi Corazón schafft in dieser Woche den Neueinstieg in die Charts auf der 29. Ich gehe davon aus, dass es das dann auch erstmal war.
In die gleiche Ecke, wenn auch eher tanzmäßig und weiblich, gehört Loona. Eigentlich hatten viele gehofft, dass Marie-José van der Kolk mit ihren Bemühungen das Projekt allein fortzuführen scheitern würde. Platz 64 für Por La Noche im letzten Sommer schien das auch zu bestätigen, aber dann tauchte sie als Jury-Mitglied bei popstars auf (warum eigentlich?) und nun gelingt ihr doch mit Parapapapapa tatsächlich ein neuer Hit, der dank diverser Remixe auch wirklich den Weg auf die Sommerparties dieser Welt meistert. Und so kann sie also nach fünf Jahren erstmals wieder einen Titel unter den ersten 50 der media control-Charts absetzen. Nämlich auf Platz 34.
Ferienstimmung bestimmt derzeit einen großen Teil des Musikgeschäftes. Die einen feiern auf Techno-Elektro-Parties, die anderen liegen unter Palmen und hoffen auf den Urlaubsflirt und dann gibt es auch noch den Teil, der auf Mallorca im Bierkönig Sangria bis zum Umfallen in sich hinein pumpt. Und dieser letzte Teil verhilft Markus Becker zu einem weiteren Gassenhauer-Hit. Die bunte Kuh klettert in den media control-Charts von der 53 auf die 31, und in den Media Markt/Saturn-Charts steht die CD sogar auf der 10. Da sind alle Nicht-Mallorca-Fahrer ziemlich außen vor und können sich nur darüber wundern wie solch ein feistes Gesicht wie Markus Becker zum Party-Star werden kann. (Die Lösung: er ist so durchschnittlich in allem, dass sich die Massen, zumal in stark alkoholisiertem Zustand,100% identifizieren können.) Das ganz Schlimme an diesem Erfolg ist eigentlich nur, dass wir ab Januar den Titel in einer Aprés-Ski-Variante noch einmal auf die Ohren gehauen bekommen werden. ... und natürlich steigt auch der Ersterfolg Das rote Pferd im Windschatten des neuen Hits noch einmal in die Charts: Platz 96.
Zu neuen Höhen schwingt sich auch Jörg Bausch auf. Genaugenommen ist seine 2009er Version von Dieser Flug eher Discofox-Schlager. Und ich weiß immer noch nicht genau, woran mich die Background-Harmonien erinnern. Vielleicht doch ein verstecktes Cover von irgendwas? Irrsinnig ist es natürlich schon zu sehen, dass der Clubsound von vor 15 Jahren dann wirklich 1:1 das Musikantenstadl erobert. Nur inhaltlich geht’s anders zu: war es 1993/94 die totale Euphorie ohne Wenn und Aber, so kann Jörg Bausch jetzt rückblickend resümieren, dass der Absturz nach Höhenflügen garantiert kommt. Also: Immer schön zu Hause bleiben und bloß keinen Urlaubsflirt und überhaupt ... Biederkeit ohne Ende. Lustig, dass man offensichtlich sogar zu solch einem lustfeindlichen Text schunkeln kann. Sogar hoch bis Platz 72.
Der gesamte Party-Alarm-Trash lässt sich genaugenommen sehr einfach zusammenfassen: wir befinden uns offensichtlich in einer Gesellschaft, die mehr und mehr infantilisiert. Deutlich wird das daran, dass angeblich ernstzunehmende Kinderliedermacher nicht einfach nur zufällig im Alkoholrausch abgefeiert werden, sondern das ganz bewusst ausnutzen. Zum Beispiel Volker Rosin: im wikipedia-Artikel zu ihm wird doch allen Ernstes behauptet, er sei ein Erzieher, Sozialpädagoge und Liedermacher für Kinder. 2004 wurde dann per Zufall sein Känguru Dance zum Hit, Platz 19 gabs dafür. Und nun, fünf Jahre danach, erscheint von ihm Hoppelhase Hans. Der Titel klingt nach allem anderen als simplen Kinderlied. Da gehts schon ganz schön zur Sache und Lorenz Büffel tut ein Übriges dazu. Nun die Frage: wie ernst bitte kann man denn so einen Sozialpädagogen nehmen? Was will der den Kindern denn beibringen? Und andersherum: ein Partyvolk, dass zu Hoppelhase Hans feiert, wie debil ist das denn? – Also: Platz 75 für dieses Werk und ich hoffe, dass da auchnoch ein paar Menschen existieren, die wenigstens ein klein wenig Gehirn im Kopf haben.
Nach einer Verschnaufpause außerhalb der Charts kehren nun auch die Lollies mit Arsch im Sand wieder zurück. Platz 84 – und ich sag nix weiter dazu.
Und das gleiche gilt auch für Olaf Henning und So eine Nacht, wieder drin auf der 90.
Fertig Mallorca und nun noch einmal ein Wort zu den Klassikern, die sich natürlich auch im Sommer bestens verkaufen: Kings_Of_Leon legen zum Beispiel mit Sex_On_Fire auch in dieser Woche wieder einen Platz zu. Sie stehen damit in ihrer 32. Chartwoche auf dem Rang 33. Der letzte Titel, der nach 32 Wochen erst seine Höchstposition erreichte war im Jahr 1972 die Gruppe Cats mit One Way Wind. Auch das übrigens im Sommer.
Natürlich gab es in dieser Woche auch normale Veröffentlichungen. Die höchsten vier Neuzugänge gehören mit Jan Delay, Green Day, Marit Larsen und dellé in diese Kategorie. Alle anderen können dagegen fast als Nischenprodukte aus der Special Interest Abteilung gelten. Zum Beispiel auch die neue Single von Razorlight. Nachdem Wire To Wire ein unglaublicher Erfolg war (vier Wochen auf Position 3) und sich auch in der 25. Woche noch auf Platz 30 behaupten kann (von 28 ganz leicht fallend), war die Hoffnung sicher groß, dass Hostage Of Love mit viel Aufmerksamkeit aufgenommen würde. Aber so richtig scheint das nicht zu klappen. Klar, es ist jetzt nicht mehr die gefühlvolle Ballade sondern eher schlagzeugorientierter Rock. Irgendwas fehlt da. Vielleicht ist die ganz pure Direktheit dann doch nicht so gefragt. Vielleicht liegts auch nur an der Urlaubszeit. Platz 70 in der ersten Woche nach Verkaufsstart ist jedenfalls nicht 100% zufriedenstellend.
Dancefloor-Stuff gibt es auch: Schon eine Weile auf dem Markt, nämlich genau seit dem 10. Juli ist Mark ’Oh (ja genau der, den gibt es noch) mit United. Der Track klingt so wie ein Dancetrack heute halt klingt, Stampfbeat und Elektrogeschnarre. Was dann noch dazu kommt ist ein Gospel-Soulchor-Gesang, den ich ziemlich grässlich finde. Warum fallen uns bei dem Wort ”United” denn nur so verklärte Kitsch-Gesänge ein? Find ich unsäglich altmodisch. Sorry, da hat es dann Cascada doch tausend mal besser raus. Mark ’Oh also mit seiner zwanzigsten Single in den Charts, auf Platz 74, irgendwie ja ein Comeback nach knapp drei Jahren, aber sorry, das war nicht nötig. Ein bisschen Inspiration bitte das nächste Mal!
Wesentlich einfallsreicher kommt da Samy Deluxe daher. Seine zweite Auskopplung aus dem Dis wo ich herkomm-Album (leider nur rein digital) ist das Doppel-Bundle Stumm/Musik um durch den Tag zu komm. Und das find ich im Vergleich zur Vorgängersingle Bis die Sonne rauskommt richtig cool. Ok – es ist weder textlich noch musikalisch der Neuentwurf, aber es arbeitet mit dem was wir kennen so gekonnt, dass es eben doch funktioniert. Und das ist doch schon mal großartig. Schade, dass offensichtlich die meisten potenziellen KäuferInnen schon das Album haben und deshalb nicht die Digitalvariante kaufen. Platz 87.
Und welche Titel schaffen eine Rückkehr?
Zum Beispiel Chris Brown, der vor fast genau einem Jahr mit Forever das letzte mal in der deutschen Liste notiert war. Alles was er danach veröffentlichte fand nicht so wahnsinnig Anklang. Vielleicht auch wegen der Negativschlagzeilen? Immerhin wurde er für schuldig befunden (hat es auch selbst gestanden), Freundin Rihanna geschlagen zu haben. Aber, die Pop-Welt ist ja so einfach zu beruhigen. Am 21. Juli veröffentlichte Chris Brown eine Entschuldigung auf youtube. Wenige Tage später veröffentlichen Jill Peterson & Kevin Heinz auf youtube ein Video, bei dem sie Chris Brown’s Forever als ”Hochzeitsmarsch” benutzen. Das Video wird ein Hit – innerhalb einer Woche gibt es 8 Mio. Klicks und Chris Brown taucht in diversen Foren wieder als Tipp des Tages auf. Die Folge von diesem Hype: auch media control verzeichnet eine gesteigerte Nachfrage und Forever steht nach knapp einem Jahr wieder in der Liste. Auf Platz 80 – und das muss noch nicht einmal alles gewesen sein. Forever ist damit der erfolgreichste Solo-Hit für den Sänger und Chris Brown ist offensichtlich rehabilitiert – Wahnsinn wie schnell das geht!
Einen kleinen Schub in der Nachfrage hatten Daughtry. Mit Erscheinen ihrer CD Leave This Town (steigt ein in den Album-Charts auf der 12) kann auch die Digitalsingle No Surprise noch ein paar Einheiten absetzen: Platz 81 ist die Folge nachdem es vor vier Wochen gerade mal für einen mageren Platz 96 gereicht hatte.
Auch wieder einmal gelistet, und das ist tatsächlich mittlerweile auch ein Klassiker: The White Stripes mit 7 Nation Army. Diese Woche in der 31. Woche dabei und notiert auf der 85.
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